Foto: Szene aus der Cottbusser Uraufführung "Frida Kahlo" © Marlies Kross
Text:Ute Grundmann, am 22. September 2014
Der Tod ist immer dabei. Als versehrte Puppe mit Totenschädel lagert er auf den Kuben des Bühnenbilds. Auf der Bühne ist er eine Frau in orangefarbenem Flatterkleid mit Maskengesicht (Denise Ruddock), der/die die Hauptfigur begleitet, umtanzt, beobachtet. Diese Hauptfigur ist die mexikanische Malerin Frida Kahlo (1907 – 1954), deren Leben zwischen Kunst, Liebe und Schmerz die Leipziger Choreografin Undine Werchau auf die Kammerbühne des Staatstheaters Cottbus gebracht hat. Es ist keine stringente Biographie, die da in 90 Minuten abläuft, sondern es sind Episoden, Gefühlszustände der Malerin. Auf die Tod-Frau des Beginns folgen da Paar-Szenen, -Situationen: vier Männer tanzen Pirouetten, zu denen vier Frauen den Rhythmus klatschen; dann tanzen die Frauen verführerisch und die Männer schauen zu. Wie auf einer Rambla Grundszenen des Sehnens und Suchens, die auch Frida Kahlo (Immaculada Marín López) immer wieder durchlebt, mal allein, mal als Teil dieser Gruppe.
Als Symbol der Leiden der Malerin (sie erkankte an Kinderlähmung, verunglückte schwer in einem Bus) hat Ausstatterin Heike Mondschein ein Bett auf die Szene gestellt, in dem Frida zunächst mit einer Freundin herumtollt, das aber später zur eindrucksvollen Leidensszene wird. Da knallen zwei Stufenpodeste mit den Tänzern knallend gegeneinander, die Malerin, zunächst wie gekreuzigt im Bett liegend, kämpft mühsam mit und gegen den eigenen Körper. Dazu erklingen nur rhythmische Schläge, während die (für die Choreographie entstandene) Musik des Leipziger Ensembles cellorazade sonst mal sehnsüchtige, mal aggressive, mal gestrichene, mal gezupfte Cello-Klänge einbringt, dazu Geräusche, eine sehnsuchtsvolle Männerstimme, Kindergesang, mexikanisch und deutsch vorgelesene Tagebuch-Texte ein.
Das ist fast zuviel auf einmal, so wie Undine Werchau ihre Choreographie fast überfrachtet: Die Titel der sieben Szenen fließen als farbige Schrift über die Szene, es gibt Video-Sequenzen und immer wieder das Selbstportrait der Malerin zu sehen. Wenn die „revolutionäre Phase“ des Maler-Paares Frida und Diego mit marschierenden Tänzern mit gereckten Fäusten dargestellt wird, braucht es die „guerra liberta“-Rufe gar nicht mehr. Und während die Figur des Diego (Juan Bockamp) eher blass bleibt, ist Frida Kahlo der fesselnde Mittelpunkt des Abends. Ob sie nun mit intensiven Bewegungen und Blicken um Diego wirbt, ihm nach der Trennung mit weichen Bewegungen eine Frau in weiß zuführt oder in Amerika (zu Swing-Musik) trotzig mexikanische Rhythmen vertanzt – Immaculada Marín López ist hin- und mitreißend. Und trotz des allgegenwärtigen Todes gibt es mit den zu Flamenco-Klängen tanzenden Paaren einen versöhnlich-optimistischen Schluss.