Foto: Karoline Stegemann, Christoph Gummert, Jürgen Roth und Simon Breuer in "Rubbeldiekatz" am Landestheater Detmold © Landestheater/Mena
Text:Jens Fischer, am 20. Januar 2014
Ja, was war das denn für ein ermüdender Megaspaß, dieser auf fast zwei Stunden gedehnte Film! In hochglanzpolierten Bildern wurden genierliche Schlüpfrigkeiten als rhythmisch eingestreute Gags aneinandergereiht, während sich ein hilflos süßer Matthias Schweighöfer die Möpse, Kleidchen und Stöckelschuhe anzieht. Dann hat er mit schielenden Plastiknippeln zu kämpfen und gleichzeitig noch für die Film-im-Film-Handlung als Nazi-Frollein einer lesbischen Jüdin in Liebe zu verfallen hat – bis beide ohne Klamotten, als Mann und Frau im Romantik-Kitsch-Dressing, ein Happy End ermöglichen. Zwanghaft turbulent behauptete Detlev Buck mit „Rubbeldiekatz“ eine Screwball-Comedy, schlug aus dem üblichen Verwechslungsulk auch einige Funken Situationskomik, bot aber vor allem reichlich Fummeltrinen-Klamauk. Da nun Gunnar Dreßler das Drehbuch für die Theaterfassung nur bieder nachbuchstabiert, ist es geradezu Notwehr, die Uraufführung nicht nur für Freunde von „Charleys Tante“ zu gestalten, sondern Cross-Dressing-Verklemmtheiten, spießige Geschlechterwitze und biedere Anzüglichkeiten auch ästhetisch zu verdeutlichen. Der Vorlage also mit rücksichtslosem Blödsinn zu begegnen: den Jokus zur Trash-Kunst beschleunigen.
Was man von Off-off-Kellerbühnen kennt und in touristisch abgemilderter Form auf den Schmidts-Bühnen an Hamburgs Reeperbahn erleben kann, ist also jetzt auch am Landestheater Detmold zu sehen. Es zeigt eine heftig zusammengestrichene und mit satirischen Zutaten wieder angefüllte Textversion, eine Travestie der Travestie. Rasant überbetont führt Regisseur Andreas Kloos die Konstruktion, Klischees, Figuren des Films ad absurdum und reflektiert so das Abgeschmackte der Motive. Es wird also ganz bewusst, und richtig gut, besonders schlecht gespielt, so dass alle Rollen als perückte Schrillschrauben erscheinen, die Pointen ironisch pointiert daherkommen.
Seinen Probenspaß scheint das Detmolder Team als verrücktes Vergnügen auf die Bühne transferiert zu haben: So mitreißend, dass auch anarchische Kindereien ihren Charme entfalten. Wenn etwa heterosexuelle Frauen oder homosexuelle Männer immer wieder eine „Latte“ bestellen – und die Doppeldeutigkeit stets als Lacher (und als Lacher über den eigenen Lacher) funktioniert. Hinreißend komisch auch, wenn der „Hitler“-Darsteller als Kaffeemaschine auftritt und einen milchig aufgeschäumten kleinen Braunen in einen Becher rotzt, spuckt, rührt. Darsteller Simon Breuer verwandelt sich später auf offener Bühne vom großen Diktator zur kleinen Kostümbildnertunte – und schaut zudem im „Tootsie“-Kleid vorbei. Da Alexandra Maria Lara auf der Leinwand als junge Diva vergeblich versuchte, mit dem Leiden an der Untreue ihres Liebhabers anzurühren, amüsiert sich die Theaterinszenierung von Beginn an über diese Ich-bin-ein-Star-Tussi, überführt ihr blondinenschrilles Gequatsche in den „krass, boah, super, voll toll, echt abgefahren“-Jargon. Und auch die Rolle des hollywoodtösen Nazifilmregisseurs wird ohne Umschweife dem Gelächter preisgegeben: als Ami-Proll im Tattoo-Kostüm. Da Buck an „Rubbeldiekatz“ zusammen Anika Decker gebastelt hat, der Drehbuchautorin von Til Schweiger, gibt’s obendrauf auch noch reichliche Seitenhiebe auf dessen „KeinHirnHaben“-Filme. Ja, was ist das denn für wirklich erfrischende Haudrauf-Unterhaltung, dieser auf eine gandenlose Stunde komprimierte Theaterabend?