Foto: "Mein name ist Soundso" am Theater Chemnitz. Christian Ruth, Ulrike Euen © Dieter Wuschanski
Text:Michael Chlebusch, am 30. Dezember 2013
„Mein Name ist Soundso“, stellen sich die beiden Protagonisten in Bogdan Kocas ebenso betitelten Stück vor. Es wird ein Spiel, dass sich um Anonymität und Intimität, um Verstellung und Identität drehen soll in den folgenden 90 Theaterminuten im Ostflügel des Chemnitzer Schauspielhauses. Es ist die kleine Bühne des Hauses, die für die Experimente und jungen Theatermacher, zu denen der international gestandene Autor und Regisseur Koca zwar längst nicht mehr zählt, doch bietet sich für sein intimes Kammerstück wohl nur dort ein so passender Rahmen. Die Namenlosen, Er und Sie, treffen sich darin in einem sehr ästhetischen, sehr schlichten Setting: drei Objekte, Tisch, Schrank, Bett, warten unter braun glänzendem Stoff auf Enthüllung – und mit ihnen das Wesen der sie umschleichenden Charaktere. Die stehen in Smoking und Hosenanzug da, könnten also vielerlei sein und Soundso heißen. Er ist anscheinend Komponist, Sie wohl Musikerin. Zwischen ihnen erhebt sich eine Musik, die das Paar gleichsam einen Tango tanzen lässt, sich umkreisen, anziehen, abstoßen, zuwenden, ganz tief in die Augen blicken und dann abrupt nochmal von vorn beginnen.
Darin fängt das Stück den Takt der zwischenmenschlichen Gepflogenheiten ein und nimmt den Zuschauer mit in einem faszinierenden Reigen um das Wesen des Verhältnisses der beiden Figuren. Das ist komisch, lakonisch aber auch nachdenklich. Von der Entjungferung im Schrank bis zur politischen Agenda des Westens gegenüber osteuropäischen Regimen spannen sich die Themen, die dieses assoziativ voranschreitende Stück behandelt. Da ist dieser eine Geheime Wunsch, den Er sich ausführlich entlocken lässt. (Sie möge doch in Ohnmacht fallen, damit er einmal erfahre, wie ohnmächtig sich das für Ihn anfühlt.) Da werden Hochzeit, Kinder und Impotenz in Nebensätzen abgehakt. Begeisternd facettenreich spielen sich Ulrike Euen und Christian Ruth durch die Sequenzen und Ebenen. Dass es dabei zuweilen zu Längen kommt, ist wohl der Breite der Themen geschuldet. Hier hätte Koca, der auch Regie, Bühne und Kostüm übernahm, gern noch in die Tiefe der ein oder anderen Abhandlung tauchen dürfen, statt eine weitere Wendung hinzuzufügen. Doch dann wiederum steht das alles symptomatisch für diese Menschen, die da gezeigt werden, die sich seit Jahren nahe sind, reden und reden, was ihnen eben so durch den Kopf geht, um dabei zu nichts weiter zu kommen, als dem gemeinsamen Nenner, dass sie miteinander schlafen wollen. Auch dieses Vorhaben soll scheitern. Im feinfühlig platzierten Finale versagen sich die Schwätzer ihre Worte und finden sich in ihrer gemeinsam gespielten Musik.
Vom Abend bleiben für den Zuschauer nicht unbedingt Erkenntnisse um große Themen oder grundlegende moralische Fragen. Für Koca stehen die kleinen Schritte im Vordergrund, die im Miteinander mit diesem oder jenem Menschen getan werden müssen, um ein Auskommen mit sich und einem Soundso zu haben. Was nachklingt, ist das Gefühl, auch so einer zu sein – das mag man beruhigend finden, oder auch nicht. Darüber hinaus wird manch klug oder witzig formulierter Satz in Erinnerung bleiben. „In Flip-Flops kann sich nichts verstecken. Die haben kein Innen.“, sagt Er. Menschen haben eines, zeigt Koca.