Foto: Drei Protagonisten im "Parasiten": Ahmad Mesgarha, Torsten Ranft, Philipp Lux. © David Baltzer
Text:Detlev Baur, am 24. Juni 2013
Ein deutscher Klassiker als Komödienautor? Und das auch noch als Bearbeiter eines mittelmäßigen französischen Lustspiels? Eindimensionale Charaktere und eine vorhersehbare Intrigenhandlung prägen „Der Parasit oder Die Kunst sein Glück zu machen“ von Friedrich Schiller nach Louis Benoît Picard. Der künftige Kölner Schauspiel-Intendant Stefan Bachmann inszenierte das Stück mit dem Staatsschauspiel Dresden; die Premiere fand nun zur Eröffnung der Schillertage am Nationaltheater Mannheim statt.
Der Textvorlage entsprechend hat Olaf Altmann eine sehr einfache, aber effektive Bühne entworfen: zwei fast bis an die Rampe reichende, parallel zu ihr verlaufende schwarze Wände, die in der Mitte einen relativ kleinen rechteckigen Spielraum mit hellbraunen Wänden freilassen. Dieser enge Raum wiederum ist veränderbar, indem sich an beiden hinteren Ecken die Raumhälften um sich selbst drehen lassen; aus zwei überkreuzten Wänden kommen so an jeder Seite vier verschiedene, sich gleichende Räume ins Blickfeld des Publikums. So entsteht Bewegung in immer gleichen Räumen, lässt sich der Kammerdiener(Christian Clauß) von seinem tumben Herren (versehentlich) zwischen den Drehwänden einquetschen oder dieser Herr selbst, Minister Narbonne, auf einem Stuhl mit Rollen hereindrehen.
Der neue, naive, aber gutherzige Minister wird vom langen Philipp Lux samt ausgestellt-unpassendem Bäuchlein ebenso schlüssig gespielt wie die anderen Figuren: Hannelore Koch ist seine elegante und gierig-dumme Mutter, Ines Marie Westernströer die klug-naive Tochter Charlotte, die von Karl Firmin – Matthias Luckey als entschiedener Schwärmer – geliebt wird; sie wird auch vom Parasiten Selicour umworben. Ahmad Mesgarha zeigt in dieser Rolle einen klugen Karrieristen, dessen Winkelzüge gar nicht so außergewöhnlich wirken, fast traut man ihm auch leise Selbstzweifel zu. Wenn er am Ende von der ehrenwerten Gesellschaft entblößt, nur mit der Hand über der Scham zum Gang durchs Parkett gezwungen wird, ist dieser Mensch sogar zum bemitleidenswerten Opfer geworden. Lars Jungs Firmin senior ist ein aufreizend rechtschaffener Büroarbeiter; sein ehemaliger Kollege La Roche, dessen Entlassung und daraus resultierender Hass auf den Intriganten Selicour die Komödie ins Rollen bringt, wird von Torsten Ranft herrlich intensiv und lustvoll eindimensional als kindlicher, vergleichsweise kleiner Giftzwerg mit dem Herz am rechten Fleck gespielt. Selten passen Kostüm, hier ein rosa Anzug (Kostüme: Barbara Drosihn), und Gesichtsfarbe so gut zusammen, wie hier, wenn sich La Roche vor Aufregung über den klugen Gegenspieler auf dem Boden wälzen möchte.
Stefan Bachmann inszeniert den ungewöhnlichen Schiller-Spaß mit einem wunderbar eingespielten Ensemble und hervorragendem Sinn für Timing und dosierte Gags im Dienste des Ganzen. Die Klipp-Klapp-Dramaturgie des „Parasiten“ ist damit nicht aufgehoben, aber durch geschickte Bühnen-Drehs auf unterhaltsamen Spielkurs gebracht.