Parsifal könnte auch ein Scheidungskind sein, dessen Mutter dem Vater das Umgangsrecht verweigert und schlecht über ihn redet. Also schreibt der Sohn einen Brief und rezitiert ihn an der Rampe: „Lieber Papa, es gibt Tage, da ich mehr von dir erfahren möchte. Wo bist du? Sind wir uns ähnlich? Denkst du mal an mich? Wieso bist du nicht bei mir? Liebst du mich nicht?“ Stromert Parzival dann los, trifft er auf eine arrogante Gesellschaft – im Fitnessstudio der Karrieristen, befeuert von Deichkinds „Bück dich hoch“-Hip-Hop. „Was bist du denn für’n Tarzan?“ „Das is’n Mogli!“ „Voll süß.“ So lauten die Urteile der selbstgerechten Schnösel über den Außenseiter. „Wo kommst du denn her?“, wird Parzival angeraunzt, als er statt Alkohol eine Rhabarberschorle zu trinken wünscht. Die Lust auf Alberei zieht mit den jungen AG-Schülern ein. Sir Ritter Rost nimmt dann Platz an Artus Tafelrunde. Und wenn ein Parsival-Darsteller in sich hineinhorcht, erzählt ihm die Stimme des Gewissens: „Ich muss kacken!“ Dann singt Balu der „Dschungelbuch“-Bär die Moral von der Geschicht’: „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“. Als Antwort auf die unentwegte Suche eines Menschen nach sich selbst und seinen Platz in der Welt ist das vielleicht ein bisschen wenig. Dafür hat die Aufführung massenhaft Theaterbegeisterung geweckt. Was die Schulbehörde bereits beeindruckte. Ab Herbst wird am Leibnizplatz erstmals ein Leistungskurs Darstellendes Spiel in der gymnasialen Oberstufe finanziert. Das nächste „Theater Schule Campus“-Projekt kann so noch intensiver erarbeitet werden.