Dass hier eigentlich ein überaus düsteres Gesellschaftsbild gezeigt wird, ist die andere Sache. Gorki, im Exil schreibend, blickte für dieses Stück mit bitterer und pessimistischer Miene zurück auf ein Russland, das er in einem Strudel von Revolution, Gewalt und Chaos dem gesellschaftlichen Untergang geweiht sah. Beispielhaft hierfür zeichnete er die Familie Iwan Kolomizew, in der Gewalt, gegenseitige Geringschätzung, Missgunst und Betrug wüten. Alle reden durcheinander, fallen übereinander her, schreien sich an, hören einander nicht zu. Die Regie hat die Schauspieler auf Rollschuhe gestellt und erzeugt damit neben viel Tempo (wobei sie auch um die Ablenkungsgefahren in jeglicher Hinsicht nicht immer herum kommt) eine große Portion Skurrilität. Man fühlt sich dabei an den Stummfilm „Panzerkreuzer Potemkin“ genauso erinnert wie an einen guten alten Vampirfilm. Nübling betont vor allem das Galgenhumorige an dieser Tragödie, bei der man zwischendurch über den Schrecken lachen darf. Und feiert dafür ganz schön viel. Zweifelsohne sehen wir hier eine handwerklich kaum anfechtbare Inszenierung vor uns, Nübling weiß, wie er das bekanntermaßen exzellente Ensemble zu führen hat. Und zweifelsohne läuft eben dieses Ensemble noch einmal zu richtig starken Leistungen auf. Doch irgendwie scheint es vor allem um die Show zu gehen. Als der todkranke Onkel Jakov (Samuel Weiss) in Anbetracht seines bevorstehenden Ablebens Ljubow (Lina Beckmann) erzählt, dass sie seine Tochter ist, kommt noch einmal richtig Leben auf. „A dead man calls for justice” wird an die Wand projiziert. Leider wird auch Gorki an diesem Abend überwiegend zum Ausstellungsstück degradiert und bleibt damit hier vor allem eines: ein toter Mann.