Doch in der formalen und dramaturgischen Gestaltung seines Materials scheitert der Abend auf ganzer Linie. Das fängt schon beim Libretto an: Wördemann montiert Zitate des „Holländer“-Librettos, der Wesendonck-Lieder, aus Heines „Schnabelewopski“ (dessen „Holländer“-Episode Wagner zu seinem Werk inspiriert hatte) und Heine-Gedichten sowie aus Andersens Märchen von der „Kleinen Meerjungfrau“ zu einem Sammelsurium aus Komponistenbiographie, Werkentstehungs-Binsenweisheit, Referenz an den Ort der Premiere (Heine wurde in Düsseldorf geboren) und freien Assoziationen, das nie zu thematischer Dringlichkeit findet. Und ihr Arrangement der verdoppelten Figuren wirkt seltsam beliebig: Der Holländer wird durch einen Kontrabassisten, die Senta-Sopranistin durch die in der Gehörlosensprache gestikulierende Gebärdensolistin Christina Schönfeld gedoppelt, Moss steht als zweiter Erzähler der Schauspieler Rudolf Kowalski zur Seite.
Vor allem aber bleibt Oehrings Musik die strukturelle Auseinandersetzung mit Wagner weitgehend schuldig. Sie wirkt wie ein formlos mäandernder Soundtrack aus Klangflächen, rhythmischen Zerklüftungen, E-Gitarrenriffs, elektronischen Rumpel- und Prassel-Tupfern, schräg verfremdeten „Holländer“-Motiven und mikrophonverstärkt gesprochenen Erzählerpassagen. „Antwortopern“ nennt Oehring seine Werke, die sich mit Musik früherer Komponisten auseinandersetzen. Diesmal aber hat er eine Art Geisterbahnmusik mit Wagnermotiven geschrieben, die jede Antwort schuldig bleibt. Sie beutet das Werk durch Zitate aus, ohne Augenhöhe mit ihm zu erreichen. Und Claus Guths Inszenierung stellt noch nicht einmal präzise Fragen. Ihr fehlt die dramaturgische Schlüssigkeit und Deutungsschärfe, sie baut lediglich einprägsame Tableaus zum Allerweltsthema „Sehnsucht“, verzettelt sich aber ebenso im Assoziations-Wirrwarr wie das Libretto. Mit seiner Inszenierung von Wagners originalem „Holländer“ 2003 in Bayreuth hatte dieser Regisseur viel tiefer, genauer, bezwingender an die Sehnsüchte und Ängste seiner Protagonisten gerührt. In Düsseldorf wurde lediglich das Verschwommene zum Ereignis.
Das musikalische Niveau der Aufführung war durchschnittlich. Oehrings verschwurbelte Musik gibt dem Orchester unter der Leitung von Axel Kober wenig Gelegenheit, sich auszuzeichnen, der Chor ist mit einiger Subtilität bei der Sache. Die Sopranistin Manuela Uhl hat ein schönes klares Piano, wirkt mit den dramatischen Spitzen der Senta-Zitate aber überfordert. Und Simon Neal als Holländer stürzt sich mit Verve in Oehrings Gesangsverfremdungen, bleibt in den Originalpassagen des Holländers aber flach und ohne sinnerfüllte Artikulation.
Das Publikum war’s zufrieden und applaudierte freundlich.