Foto: In seliger Erwartung: Frau Luhmann (Elisabeth Auer) und Frau Merz-Dulschmann (Tatjana Pasztor) am Schauspiel Bonn. © Thilo Beu
Text:Hans-Christoph Zimmermann, am 18. Dezember 2012
Frau Merz-Dulschmann, Frau Luhmann, Frau Grau und Frau Töss sind zwar alle in Schwarz gekleidet, aber sie tragen eigentlich keine Trauer. Oder doch? Es ist Welt-Frauentag und die Regierung hat dem weiblichen Bevölkerungsanteil einen Wellness-Gutschein geschenkt. Das Damen-Quartett läuft mit sarkastischen Kommentaren bei einem namenlosen „Hair-Make-up-Artisten“ ein, den Falilou Sek im Arztkittel und mit grauen Rallyestreifen an den Schläfen als misogynen Zeremonienmeister spielt. Schönheitstipps und frauenverachtende Zitate aus der Weltliteratur gehen ihm locker von der Hand, während er die Frauen mit Masken und „Schokowickel“ traktiert.
Sibylle Bergs neues Stück „Die Damen warten“ verfügt weder über Dialoge noch über handlungsreiche Szenen, sondern reiht bissige Thesen und Sentenzen zum Thema der gegenseitigen Demütigungen der Geschlechter aneinander. Das Zahlenverhältnis 4:1 zeigt, wie die Anteile aufgeschlüsselt sind. Die Frauen beklagen sexuelle Belästigung und Ausbeutung, Zurücksetzung im Beruf, Missachtung im Alter. Der Hair-Stylist singt dazu das Klagelied vom Mann als gesellschaftlichem Opfer. Das absurde Stück, das eigentlich keines ist, schichtet Pointe auf Pointe und tritt dabei kräftig auf der Stelle.
Dem versucht der Bonner Intendant Klaus Weise dadurch abzuhelfen, dass er den Vierakter zur ironisch-düsteren Screwball-Comedy umdeutet à la „The Women“ von Claire Booth Luce. Das Darstellerinnen-Quarett Tatjana Paztor, Elisabeth Auer, Cornelia Kempers und Susanne Bredehöft darf sich in gläsernen Badewannen räkeln (Bühne: Martin Kukulies), auf Matten turnen, zur Maniküre spreizen und dabei angeregt Sottisen abliefern – doch Psychologie oder Figurencharakteristik will sich nicht einstellen. Groteske Überformung wäre die bessere Lösung gewesen. Umso mehr als, die Frauen am Ende in einer „unterirdischen Resterampe“ entsorgt werden. Die Anwendungen des „Hair-Make-up-Artisten“, der von seinen Opfern noch blutig zerfleischt wird, waren nur die Präliminarien zur einer weltweiten Sonderbehandlung von Frauen jenseits der 50. Merke: Traue nie der Regierung, wenn sie Geschenke bringt.