So unausgewogen die Regie, so durchwachsen auch Daniel Barenboims musikalische Deutung. Wieder einmal konzentriert sich Barenboim ganz auf die schönen Stellen der Partitur. Eindrücklich kracht das Vorspiel zum dritten Aufzug, prächtig der recht präzise wummernde Bläserhochglanz. Doch es fehlt an Binnenspannung, außerdem gerät das Orchester der Scala oft technisch an die Grenze. Bei den Chören muss man wirklich von einem Totalausfall sprechen, kaum ein Wort ist zu verstehen, das meiste dröhnt übersteuert und grob in den Raum. Auch mit der kurzfristig für Anja Harteros eingesprungenen Annette Dasch wird man nicht recht glücklich. Schwammige Intonation, wacklige Phrasierung sind die Stichworte. Immerhin ist Dasch eine gute Sängerdarstellerin. Jonas Kaufmann braucht seine übliche Vorglühzeit, bevor er gaumig Gequetschtes endlich in strahlenden Schönklang verwandeln kann – exemplarisch in der Gralserzählung. Recht überzeugend waren die übrigen Partien besetzt, vor allem René Papes König Heinrich und Tómas Tómassons Telramund. Evelyn Herlitzius verfiel als Ortrud zwar immer wieder ins Brüllen, doch gelangen ihr auch zarte, berührende Momente.
Das Premierenpublikum reagierte mit freundlichem Applaus für die Musiker und spürbarer Reserviertheit für die Regie.