Foto: Baum und Tänzerin Ekaterina (Stefanie Reinsperger) in "Delhi" am Düsseldorfer Schauspielhaus. © Sebastian Hoppe
Text:Detlev Baur, am 27. März 2012
Das Stück, laut Untertitel „Sieben Einakter“, beginnt im Besucherzimmer eines Krankenhauses – und endet dort. Die Tänzerin Ekaterina erfährt vom Tod ihrer Mutter und kann darüber keine Trauer empfinden, was eine befreundete, auf Tröstung eingestellte Tanzkritikerin irritiert. Sie war vor einiger Zeit Zeugin eines Auftritts Ekaterinas, bei dem sie ihren in einem Armenviertel in Indien entwickelten Tanz „Delhi“ zeigte. Auch der verheiratete Andrej war bei diesem denkwürdigen Auftritt dabei; er erscheint nun im Krankenhaus und lässt Ekaterina wissen, dass er sie nicht liebt. Auch die folgenden sechs Szenen in „Delhi, ein Tanz“ von Iwan Wyrypajew spielen im Krankenhaus und handeln in Variationen von denselben Figuren und Themen. Nur ist einmal die Mutter noch/wieder am Leben, dann hat sich die Ehefrau Andrejs vergiftet, da er nun doch der Geliebte Ekaterinas war. Und immer wieder erscheint eine Krankenschwester und bittet um Unterschriften für Formulare. In den kleinen und großen Verschiebungen dreht sich alles in „Delhi, ein Tanz“ um den Tanz, dessen Gestalt höchst vage bleibt, durch den die Künstlerin aber großes Unglück in höchstes Glück zu wandeln vermochte; menschliche Höhen und Tiefen, Schmerz und Freude, Tod und Liebe sind die höchst ernsthaften, sehr ambitionierten Gesprächsthemen des Dramas.
Felix Rothenhäusler macht in seiner Inszenierung der deutschsprachigen Erstaufführung im Kleinen Haus des Schauspiels Düsseldorf eigentlich alles richtig. Die sechs Darsteller tänzeln nicht herum, sondern stehen vielmehr meist fast unbewegt; die Konstellationen und Figurenzeichnungen haben einen provisorischen Probencharakter. Über den kahlen Bühnenraum hat Evi Bauer einen Baum kopfüber aufgehängt. Und unter dem Eindruck dieses wunderbaren Bildes entwickeln die Akteure in großer Ruhe den hoch schwebenden Gedankenaustausch und suchen immer wieder Augen-Blicke mit dem Publikum als Drittem im Bunde. Mit der Dauer (und die beträgt immerhin fast zweieinhalb pausenlose Stunden) geraten die Variationen aber zunehmend in Gefahr, zur bloßen These zu verkommen. Der Tanz Delhi ist ohnehin mehr Idee als Gestalt, die Figuren des Dramas bewegen sich hart am Rande des unpersönlichen Thesenaustauschs. Verena Reichhardt gelangt als Darstellerin der Mutter noch am stärksten weg vom Entwurf zu einer ausgefüllten und dabei humorvoll-vielschichtigen Person. Insgesamt wandelt die recht statische Inszenierung auf einem schmalen Grat zwischen hohlem Probelauf und Gedankentanz, der spannende Assoziationen anstößt.