Foto: "Symphony in 3 Movements" mit dem New York City Ballet. © Paul Kolnik
Text:Vesna Mlakar, am 16. März 2012
Spielereien der Sinnlichkeit – Momente des Glücks: So mag es wohl damals, zu Zeiten der Ballet Russes zugegangen sein, als alle Welt in die Theater pilgerte, um Diaghilews Truppe tanzen zu sehen. Nun strömte dank finanzieller Mithilfe des kulturaffinen Konzerns BASF SE das Publikum in den Pfalzbau nach Ludwigshafen. Ambiente? Nüchtern.Der Anlass? Grandios! Nach über 30 Jahren (Gala-Auftritte einzelner Solisten ausgenommen) war das in den Staaten federführende New York City Ballet erstmals wieder in Deutschland zu erleben; zum Vergnügen der Ballettkenner übrigens mit drei Werken des Kompanie Gründungschoreografen George Balanchine, die von der Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter Leitung zweier mitgereister Dirigenten alle live begleitet wurden.
Das von dem dänischen NYCB-Ex-Solisten und Choreografen Peter Martins (seit 1990 alleiniger Leiter des 90-köpfigen Spitzenensembles) geschnürte Programm-Quartett entpuppte sich denn auch als raffiniert gestaffeltes Feuerwerk, das die athletisch-musikalisch überaus tanzkunstfertigen Amerikaner mit Mozarts Divertimento Nr. 15 – auf den ersten Blick pastellig verrüscht – allerdings nicht ganz auf Anhieb entzünden konnten. Spätestens aber die von Balanchine 1956 darin wie spontan dahingetupften irre schnellen Soli und Pas de deux bzw. originellen Formationen der fünf Tänzerinnen und drei Tänzer nebst acht Begleiterinnen entfalteten Wirkung. Obwohl in ein Korsett akademischer Schrittmuster altrussischer Tradition eingebunden, gelang es den Interpreten, individuelle Eindrücke zu hinterlassen – ohne die heute gängige Überdehnung der Körper oder Beine, dafür mit nonchalanter Bewegungskontrolle und schwierigsten Fuß- und Armspielereien.
Bravorufe (nicht nur von Stuttgarts Ballettintendant Reid Anderson) erntete darauf Jerome Robbins einstündige, in frühlingsfarbenen Kostümen mühelos dahinfließende Auseinandersetzung mit Chopins Mazurken, Walzern und Etüden Dances at a Gathering aus dem Jahr 1969. Das Stück mit leicht folkloristischem Einschlag (am Flügel: Susan Walters) ist ein Geniestreich an tänzerischer Kommunikation und die immer wieder neuen, in ihren Konstellationen unvorhersehbaren Begegnungen der fünf Solistinnen und Solisten reiner Schaugenuss. Allein schon mit was für einer Ausdruckspalette an Gefühlen zwischenmenschlicher Befindlichkeiten jeder Tänzer sowohl für sich wie im Paargefüge die feine, ungezwungene Technik des gebürtigen New Yorkers – mal humorig, mal melancholisch gestimmt – darbot, lohnte den Abend.
Für den brillant-schmissigen Zwischengang nach der zweiten Pause sorgten am 13. März Ashley Bouder und Joaquin De Luz (Handtamburins inklusive) mit Balanchines hierzulande wenig bekannter, 1964 kreierter Tarantella (Musik: Louis Moreau Gottschalk). Tanz, Klang, Präzision, Virtuosität und Tempo dominierten danach auch die energiegeladene, mit eckigen Jazzelementen versetzte Symphony in Three Movements (1972) des Meisterchoreografen zu Strawinskys treibenden Rhythmen. Doch anstelle von Geschlechterspiel trat schlichte Abstraktion. 16 Frauen in weißen, fünf in schwarzen, acht Männer in schwarz/weißen und drei Mädchen in unterschiedlich rosa Trikots formieren sich zu einem gut 20-minütigen Raumerlebnis – einem bewegten Kaleidoskop aus Geometrie und Persönlichkeit.