Foto: Christoph Strehl ( Eliogabalo) und Elzbieta Ardam (Lenia) in "L'Eliogabalo" am Theater Dortmund. © Thomas M. Jauk
Text:Andreas Falentin, am 10. Oktober 2011
Francesco Cavallis späte Oper über einen hedonistischen römischen Kaiser, der mit seiner ständigen Gier nach weiblichem Frischfleisch zwei Paare zwischenzeitlich auseinander bringt, wurde 2004 von René Jacobs in Brüssel und Innsbruck erfolgreich wiederbelebt. Weitere Aufführungen im mitteleuropäischen Raum sind aber, seit der Premiere in Venedig 1667, nicht belegt.
Verfolgt man die mutmaßliche Deutsche Erstaufführung in Dortmund, verwundert das kaum. Cavalli hat hier versucht, den Kompositionsstil seines Lehrers Monteverdi weiter zu verdichten. Kurzen Arien und Ensembles stehen lange, eminent textlastige, rezitativische Passagen gegenüber. Musikalisch klingt vieles, nicht nur das herrliche Schlussquartett der wieder vereinten Paare, in Qualität und Machart nach Monteverdis „Poppea“. Nur hatten Cavallis Lehrmeister und sein Librettist Busenello eine Dialektik von Macht und Liebe exponiert und daraus dramatische Kraft gewonnen. Bei Cavalli dreht sich alles um das Eine, kreist die Handlung ausschließlich um das Altbekannte „Wer mit Wem?“.
Katharina Thoma beschränkt sich darauf, im spartanischen und nicht sehr ansehnlichen Bühnenbild von Stefan Hageneier die Fabel nachzubuchstabieren. Die grotesken und komischen Passagen kommen bieder, fast ein wenig verklemmt daher und die wahllos bunten Trash-Couture-Kostüme von Irina Bartels ebnen die Standesunterschiede ein. Dem, laut Programmheft, „personifizierten Notstand“ Kaiser Eliogabalo sind, wohl zur Kennzeichnung seiner moralischen Inkompetenz, oft zwei geschminkte junge Männer auf hohen Absätzen beigegeben. Gemmira, eine seiner Angebeteten, massiert sich in ihrer ersten Szene die Füße, während sie elegisch von der Liebe singt. Gleich darauf deutet sie auf ihre Einkaufstüten, wenn es um ein „Heiligtum“ geht. Auf diese Weise verkleinert Thoma die Figuren. Sie denunziert sie, statt sie dem Zuschauer im erschreckend schlecht besuchten – und wohl für das Stück einfach überdimensionierten – Dortmunder Opernhaus zu öffnen.
Fausto Nardi geleitet Orchester und Solisten sicher durch den Abend, lässt es nur ein wenig an Temperament fehlen. Die um einen Cembalisten und einen Theorbenspieler ergänzten Dortmunder Philharmoniker schlagen sich mehr als achtbar. Ausgerechnet der prominente Gast Christoph Strehl in der Titelrolle ist mit mattem, angestrengtem Tenor die einzige Enttäuschung unter den Sängern. Aus dem sehr soliden Ensemble ragt Ileana Mateescu als Chef der Prätorianer mit wunderbar gerundetem Mezzosopran und geradezu rührender Unbeholfenheit in Liebes- wie in Mordangelegenheiten ein Stück heraus.