„Brilliant Corners“ wird von 10 Tänzern in bequemer Alltagskleidung – exerziert, könnte man fast sagen. Denn diese 60 Minuten experimentieren mit den Wahrnehmungsdimensionen Klang, Zeit und Bewegung im Raum. Dafür ist entscheidend, dass die Komposition natürlich von Gat selbst stammt: Das Wort Musik trifft es kaum, eher changieren die Klänge zwischen lebhaften Bach-Präludien, melancholisch-gebrochenen Pärt-Akkorden und schrillem, basslastig verstärktem Synthesizer. Dieser abstruse musikalische Stielcocktail formt die Bewegungsstruktur der Tänzer in unfassbarer Selbstverständlichkeit. Von der ersten Sekunde an leitet der Klang alle Abläufe im Raum. Was als theatrale Normalität eingeführt wird – die simultane Wahrnehmung mit allen Sinnen – wird dann allerdings aufgelöst. Zum Beispiel, indem Momente der Stille einbrechen, in die nur schleifende Schrittgeräusche und der beschleunigte Atem der Tänzer dringt. Oder, indem die Gruppe – teils sitzend, teils stehend – minutenlang in einer Position verharrt, während die Musik weiterdröhnt. Die Bewegungsabläufe selbst bleiben unspektakulär aber geschmeidig. Qigong und Breakdance-Elemente, viele Drehungen aus der Körpermitte, Rennen, entspanntes Warten, und immer halten die Tänzer Blickkontakt zueinander, beobachten die Aktionen der anderen. Sehr harmonisch, ein großes Miteinander.
Das stumme, hochgradig disziplinierte Publikum zur Premiere im PACT Zollverein war eine Wucht. Kein Wunder, bei diesem Aufmerksamkeit fordernden Werk.