Zahlen zählen
Foto: Die neue Werkstatistik und dazu gehörender Schwerpunkt im Heft © Detlev Baur Text:Detlev Baur, am 29. Juli 2022
Derzeit wird in den Zeitungen viel spekuliert über schlotternde Theaterleiter und leere Häuser. Allerdings haben fast alle Theater derzeit Sommerpause. Und dass die alternativ laufenden Festivals starken Publikumszuspruch haben, wird in den Artikeln dann auch zähneknirschend eingeräumt. Insgesamt scheinen mir diese aktuellen Untergangsszenarien in den Feuilletons also eher durch das – von allen Redaktionen gefürchtete – Sommerloch begründet zu sein. Auffällig ist schon, wie mancher Artikel sich beim Vorangegangenen bedient, anstatt sich selbst auf die Recherche zu begeben. Zu schnell sollte man die deutsche Theaterlandschaft jedenfalls nicht abschreiben.
Heute allerdings können wir mit der neuen Ausgabe der Werkstatistik mit Zahlen ein wenig zur Aufhellung, ja Aufklärung der Situation beitragen. Denn soeben ist die vom Bühnenverein herausgegebene und von unserer Redaktion erstellte Werkstatistik „Wer spielte was?“ für die Spielzeit 2020/21 erschienen. Hier sind alle professionellen Inszenierungen mit Aufführungs- und Zuschauerzahlen erfasst. Und die Zahlen, vor allem die Zuschauerzahlen, sind schon bedrückend und machen die massiven Auswirkungen der Pandemie aufs Theater deutlich. Verglichen mit der Saison 2018/19, der letzten Spielzeit vor Corona sind die Publikumszahlen um fast 90 Prozent zurückgegangen. Wohlgemerkt, in einer Saison mit massiven Theaterschließungen, radikalen Sitzplatzbeschränkungen sowie hohem Krankenstand in den Ensembles.
Spannend wird es sein, wie die Theater im Herbst unter hoffentlich günstigeren medizinischen Rahmenbedingungen spielen können. Wie sie die Zuschauer ansprechen können. Wir in der Redaktion sind der Meinung, dass die Theater verstärkt auf das Publikum eingehen sollten; erkunden, was gewünscht ist, aber auch ausprobieren, was für Aufsehen sorgen könnte in der jeweiligen Stadt. Dazu dann mehr in unserem Septemberheft. Fundiert über Theater werden wir aber nur sprechen und schreiben können, wenn wir denn wirklich hingehen, Aufführungen ansehen, mit Theaterleuten und mit Publikum sprechen.
Zunächst wird im August-Heft mit dem Schwerpunkt zur Saisonbilanz 2021/22 erscheinen. Hier möchte ich aber noch auf unser Juli-Heft verweisen, in dem wir einige Aspekte, die sich aus den Zahlen der Werkstatistik ergeben, aufgearbeitet haben, etwa die Rolle digitalen Theaters nach zwei Jahren Pandemie.